Bettina Beranek im Gespräch

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Aus der Serie „Vorbeigänger“

 

Mich faszinierte die Frage: Wie funktioniert Sehen?“, erklärt Bettina Beranek in einem Gespräch und weist damit auf den primären Punkt hin, um den sich die Bildserie „Vorbeigänger“ eigentlich dreht:

Ausgangspunkt für diese Serie war, den Gegensatz zwischen zentralem Sehen (vom Auge fokussiert) und peripherem Sehen (aus dem Augenwinkel) bildlich umzusetzen. Unsere Augen sind ständig in Bewegung. Erst durch sogenannte Blicksprünge sind wir imstande, uns ein Gesamtbild von unserer Umgebung zu machen. Dabei sehen wir immer nur einen kleinen Teil der Welt fokussiert. Unsere Augen machen durchschnittlich 3 bis 5 Blicksprünge in der Sekunde, sie tasten ständig unsere Umgebung ab, senden blitzschnell diese Einzelbilder an unser Gehirn, wo diese Informationen dann zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden.“

Aber  nicht nur der mechanische Aspekt des menschlichen Auges inspirierte Bettina Beranek zu dieser Serie: In weiterer Folge geht es auch um Zeugenschaft. Beobachten wir zum Beispiel das selbe Ereignis, so können Nacherzählungen dennoch extrem voneinander abweichen, weil wir sehr viele Dinge unterschiedlich wahrnehmen.“ Differenzierte Aufmerksamkeitsschwerpunkte, persönliches Interesse, gesellschaftlicher Background und einige andere Kontexte ergeben unendlich verschiedene Blickpunkte. Mit einem geringen Informationsgehalt ist der Mensch in der Lage mittels Erinnerungen, Assoziationen zu wecken. Dadurch ergeben sich spannende Fragen wie etwa: Was ergänze ich durch mein Wissen? Man kann eben nicht alles zur gleichen Zeit sehen. Man muss ständig Entscheidungen treffen.“

So hat sich Bettina Beranek ganz bewusst dafür entschieden, die Fotografie in ihre Arbeit mit einzubeziehen, ein Medium, dass sie schon seit längerem faszinierte. Sieht man genauer hin, so erkennt man in ihrer Malerei hie und da eine klare Linie in dieser Welt der Unschärfe. „Unsere Sehgewohnheit, unscharfe Bilder zu lesen, hängt sehr eng mit der Fotografie zusammen. Uns ist hier nur erlaubt, eine Ebene scharf zu stellen. Indem ich aber gewisse Linien herausnehme und klar definiere, entspricht dies dem zentralen Sehen. Zudem ergibt sich eine Irritation in der Raumtiefe, die Personen in der Ebene kippen ein wenig nach vorne. In der Fotografie kann so etwas nicht passieren. Es soll ein Versuch sein, dieses Schema zu brechen.“

Die Fotografie erscheint nicht nur in der Theorie als wichtiges Hilfsmittel für Bettina Beraneks Arbeit an den Vorbeigängern. Ich bin auf die Straße gegangen, um fotografische  Skizzen von Personen zu fertigen. Nicht, um bestimmte Personen zu fotografieren, sondern es ging mir um bestimmte Lichtverhältnisse, um die Wechselbeziehung von Licht und Schatten. Der Mensch ist eigentlich nur Mittel zum Zweck. Die Fotografie war auch hilfreich, um gefrorene Gehbewegungen einzufangen. Jeder weiß wie Menschen gehen, aber das Auge kann nicht einfach auf die Stopptaste drücken.“ Aus einem Sammelsurium aus Fotos und Skizzen entstand somit eine Arbeitsgrundlage für die Serie „Vorbeigänger“.

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