4. Juni 2011

Interpretation – Ein Versuch

So unterschiedlich die Geschmäcker in Bezug auf die Ästhetik eines Bildes sind, so unterschiedlich kann die Interpretation jedes einzelnen Individuums für ein und dasselbe Bild sein. Subjektivität ist hier das Zauberwort, weil jeder von uns eine spezielle Wahrnehmung besitzt, nämlich seine ganz persönliche. Deswegen soll dies nur ein Versuch sein, mein Versuch, das aktuelle Bild für ein Jahr (siehe Artikel „Das Auserwählte“) von Bettina Beranek zu interpretieren:

Lassen Sie uns, lieber Leser, beim vorerst naheliegendsten Hinweis beginnen: Dem Titel. Normalerweise rate ich davon ab, sich gleich auf den Titel eines Werkes zu stürzen, da dieser oft, sobald einmal gelesen, den Raum für Interpretationen erheblich einschränken kann. Da jedoch die Kunstwelt weitgehend mit „Ohne-Titel-Bildern“ übersäht ist, schmälert diese Tatsache sogleich auch wieder das Risiko, seine Phantasie dadurch zu zügeln. In unserem konkreten Fall gibt es einen Titel: „Aus der Serie Vorbeigänger„. Was aber impliziert diese Betitelung?

Zum einen ist dadurch klar, dass mehrere Gemälde dieser Art existieren, die wiederum aufschlüsseln, dass sich die Künstlerin einen längeren Zeitraum bzw. intensiver mit diesem Thema beschäftigt haben muss. Zum anderen benennt der Titel das, was wir ohnehin erahnt hätten: Wir sehen also Vorbeigänger auf dem Weg zur Arbeit, nach Hause oder möglicherweise auch zum Einkaufen. Sie befinden sich nicht im Mittelpunkt des Bildes, ja fast macht es den Eindruck, als wären sie im Hintergrund platziert. Vor ihnen befindet sich die Straße, Asphalt wenn man so möchte, wie luftleerer Raum. Grau dominiert in der Farbkomposition, einzig die Kleidung setzt farbige Akzente und zieht den Blick des Betrachters an.

Eine Eigenschaft fällt ad hoc auf: Die Unschärfe des Bildes. Wir sehen also nicht nur bestimmte Menschen auf der Straße, die sich fortbewegen, wir sehen sie unscharf. Doch wann sieht man etwas unscharf? Nicht etwa durch die Augen eines Sehschwachen, der seine Brille vergessen hat, sondern die Unschärfe steht für eines der Hauptprobleme der westlichen Zivilisation. Wer von uns kann sich daran erinnern, wie die Menschen ausgesehen haben, die uns heute auf der Straße begegnet sind, die unseren Weg gekreuzt haben? Wer von uns kann sich daran erinnern, wie die Person ausgesehen hat, die im Zug oder in der U-Bahn neben uns Platz genommen hat? Was haben sie angehabt, welche Gesichtszüge hatten sie?                                                                                                      

In Wahrheit gehen die meisten von uns doch mit einem gesenkten Blick durch die Straßen, in Wahrheit möchten wir doch gar nicht sehen, was rund um uns passiert, weil wir zu beschäftigt sind, mit dem, was in uns vor geht. Wenn wir mal aufschauen, dann schauen wir nicht richtig hin. Ist das ein Verbrechen? Nein, aber wir verlieren leider nach und nach den Blick für das Wesentliche – unsere Mitmenschen. Die Stimme unseres natürlichen Instinkts wird immer leiser, weil unsere überreizten Sinne damit beschäftigt sind, die lebensnotwendigen Informationen für uns zu filtern. Die moderne Welt, wenn wir ehrlich sind, dreht sich viel zu schnell, ist viel zu oberflächlich für den Menschen, der sich eigentlich sein ganzes Leben lang nach der Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens sehnt.

Dabei entgehen uns etliche kostbare zwischenmenschliche Momente, die uns den Tag versüßen könnten. Mit wachen Augen durch die Welt zu gehen, ermöglicht Blickkontakt zu einer völlig fremden Person, ein Lächeln, ein nettes Gespräch. Nur so merken wir, wenn jemand Hilfe benötigt. Diese Momente bringen uns zurück ins Hier und Jetzt, lassen die Welt sich ein wenig langsamer drehen und machen uns aufmerksam auf die Möglichkeiten, die das Leben bietet.

Zu welcher Interpretation oder welchen Gedanken, lieber Leser, inspirieren dich die „Vorbeigänger“?

Vorschau: Die Künstlerin, Bettina Beranek, über die Hintergründe zu ihrer Serie „Vorbeigänger“

17. Mai 2011

Die Künstlerin

Obwohl meist ein Bild seiner selbst wegen ausgewählt wird und nur vereinzelt gezielt nach einem bestimmten Künstler gesucht wird, gibt es diese intuitiven Griffe mancher Leihnehmer auf immer den gleichen Künstler, der spätestens dann einer näheren Betrachtung wert sein sollte, da es sich offensichtlich nicht nur um ein Einzelstück handelt, das gefällt. Im Allgemeinen empfiehlt es sich immer, den/die SchöpferIn Ihres momentanen Lieblingswerkes besser kennenzulernen.

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ lautet ein bekanntes Sprichwort ein wenig abgewandelt. Aber auch die Biografie eines Künstlers, in diesem Fall der Künstlerin meines Leihbildes, verrät dem Betrachter mehr über das Bild, als vielleicht vermutet…

Bettina Beranek

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausbildung / Stipendien

2000 – 2005      Studium der Malerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien,

                           Prof. Frohner, Prof. Müller

2003-2004         Studienaufenthalt an der Kunstakademie Düsseldorf, Prof. Anzinger

2004                  Stipendium der Internationalen Sommerakademmie Salzburg, Prof. Borges

2005                  Preis des Landes NÖ für die Diplomarbeit

2007                  Emanuel und Sofie Fohn Stipendium

2008                  Artist-in-residence, Paliano bei Rom

Einzelausstellungen

2005                  Diplomausstellung, Universität für angewandte Kunst, Wien

2005                  „entschärfte Augen-Blicke“, Galerie Weilinger, Salzburg

2006                  „flüchtige Bilder“, Galerie Maringer, St. Pölten

2006                  „Junge Kunst“, ORF Niederösterreich, St. Pölten 

2007                  „Blicksprünge“, Kulturforum der Österreichischen Botschaft, Bratislava

2009                 “sehen braucht kein Wörterbuch”, Stadtgalerie im alten Herrenhaus, Ternitz

Gruppenausstellungen

2001                  Meisterklasse Prof. Frohner, Universität für angewandte Kunst, Wien

2001                  „KunstSpiel“, Stadtgalerie im alten Herrenhaus Ternitz

2001                  „Junger Österreicher 2001“, Museum für angewandte Kunst Wien*

2002                  „Vel Satis Awards“, Renault Österreich, Österreichische Nationalbibliothek *

2002                  „the essence 2002“, Künstlerhaus Wien *

2002                  „Aus der Meisterklasse“, M.E.L. Kunsthandel, Wien

2003                  „18 Jahre Meisterklasse Adolf Frohner“, St. Peter an der Sperr, Wr. Neustadt *

2004                  Klassenausstellung Prof. Frohner, Universität für angewandte Kunst, Wien

2005                  „Malstrom“, Universität für angewandte Kunst, Wien

2005                  „the essence 2005“, MAK Wien

2009                  „VI Euro-American Visual Arts Exhibition“, Campeche, Mexico *

2009                   Galerie Denkraum, Wien

Welcher Künstler, lieber Leser, fasziniert dich am meisten? Das nächste Mal erwartet dich dann meine ganz persönliche Interpretation des Werkes!

5. Mai 2011

Kundenzitat

Gestern ereilte mich eine Email unserer treuen Stammkundin Frau David. Ihre Aussage über die Besonderheit der Artothek finde ich so treffend, dass ich sie doch gleich zitieren möchte:

„Ich finde die Idee gut, dass moderne Kunst nicht immer im Besitz sein muss, es ist spannend neue Werke (vor allem große Bilder) auf Zeit zu bewundern und sich zu erfreuen und neugierig zu sein auf das nächste Bild! Welche Stimmung bringt das Bild in die Wohnung mit?!!!“

Vielen Dank für diese passenden Worte. Wir freuen uns sehr über jegliches Feedback!

29. April 2011

Die Gewinner sind…

 

Die Nestsuche ist abgeschlossen und der Osterhase ist für dieses Jahr mit viel Sonnenschein von dannen gezogen. Somit darf ich unseren zwei Gewinnern gratulieren, die sich über eine Gratisleihe der Artothek NÖ freuen dürfen. Ein Strauß frühlingshafter Tulpen  auf dem Tisch und die liebsten Osterhasen, eine Armee feinster goldener Schokohasen, die das Bild zieren (Anmerkung: Bitte nicht nachmachen!!), zaubern sehr dezent und mit viel Understatement den Frühling in unser trautes Heim. Mit Freude darf ich nun die dazugehörigen Gewinnerfotos präsentieren. Voilà!

16. April 2011

Gewinnspiel

Ostern ist die beste Gelegenheit endgültig dem Winter Goodbye zu sagen. Frühlingsblumen, der Palmkätzchen-Strauß mit bemalten Eiern, Osterhasen, Küken und sonstige tierische Niedlichkeiten bringen jetzt in jede noch so triste Ecke Frühlingsgefühle. Sie sind bereits Kunde der Artothek NÖ? Dann machen Sie mit bei unserem Gewinnspiel und zeigen Sie uns, in welch farbenfroher und frühlingshafter Umgebung die Werke der Artothek NÖ hängen!

Zu gewinnen gibt es eine Gratisleihe eines Gemäldes oder einer Grafik für 6 Monate, die Sie dann ganz einfach bei Ihrer nächsten Leihe einlösen können!

Senden Sie uns ein Foto von Ihrem österlich dekorierten Zuhause! Einzige Bedingung: Auf dem Foto soll ein Gemälde/eine Grafik der Artothek NÖ zu sehen sein. Ansonsten sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt! Einfach Foto an office@artothek.at senden, Einsendeschluss ist der 25.04.2011! Die Gewinnerfotos werden hier auf dem Blog Einjahreinbild veröffentlicht!

Viel Spaß beim Fotografieren!

27. März 2011

Das Auserwählte!

Und plötzlich war es da und die Entscheidung fiel mir ganz leicht. Sofort wurde es verpackt, nach Hause transportiert und gehängt:

Ich darf vorstellen, das Gemälde, das nun meine weiße (!!) Wand ziert, heißt

„Aus der Serie Vorbeigänger“

Künstlerin: Bettina Beranek

Entstehungsjahr: 2006

Technik: Öl/Leinen

Maße: 75 x 85 cm!

Ich bin äußerst zufrieden mit dem Ergebnis, was ist eure Meinung?

13. März 2011

Schritt 1: Die Quahl der Wahl

Ein für das traute Heim geeignetes Bild zu finden, verlangt vor allem eines: eine wenig Zeit. Bei einem Pool von über 1.000 Werken der Artothek NÖ,  ist es notwendig, sich vorrangig einen Überblick zu verschaffen, sei es vorab im Internet oder vor Ort in den Schauräumen. Hat man sich einmal orientiert, steuert der „Wiederholungstäter“ bei der erneuten Auswahl zielsicher auf bestimmte Künstler, Stilrichtungen oder Kategorien zu.

Nun, was meine Auswahl betrifft, so ist es definitiv von Vorteil aber auch eine Bürde, das Sortiment zu kennen. Eine endgültige Entscheidung zu treffen, welches gute Stück meine auserwählte Wand schmücken soll, fällt mir alles andere als leicht. Mein Motto aber lautet: Wer suchet, der findet. Deswegen bin ich optimistisch gestimmt, mein Lieblingsstück, zumindest für das kommende Jahr, zu finden oder es mich!

Folgende Richtlinien sind gegeben:                                                                                     

  1. Ein Gemälde soll es sein.
  2. Keine bestimmten Farben sind gewünscht, aber freundlich soll es wirken.
  3. Ganz wichtig: Nicht größer als 100 x 100 cm darf es sein.
  4. Und Raum für Interpretationen steht ebenfalls auf meiner Wunschliste.

Ich freue mich über jeden Vorschlag oder Tipp! Welches Bild, lieber Leser, würdest du mir empfehlen?

Jetzt muss ich mich aber entschuldigen, ich begebe mich auf die Suche…

5. März 2011

Wie Bilder das Leben verändern…

Vier Jahre schon konnte ich zusehen, wie Kunstinteressierte in die Artothek Niederösterreich einströmten, sich für ein oder mehrere Grafiken oder Gemälde entschieden, sie nach Hause transportierten und ein Jahr später wiederkamen, um Neue auszusuchen. Oft entstanden hitzige Diskussionen, vor allem zwischen Pärchen oder Ehepaaren (und die Kinder mussten die Zwistigkeiten schlichten), manchmal wurden Stunden in diesen Schauräumen verbracht, weil man sich bei der großen Auswahl nicht für eines entscheiden konnte und ab und zu verzweifelte so mancher daran, sein Lieblingsstück in das viel zu kleine Auto zu bekommen. Aber kein Moment war und ist so emotional, wie der Zeitpunkt der Rückgabe nach einem Jahr. Lieber Leser, du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Blicke der Wehmut ich in der Vergangenheit zu Gesicht bekommen habe. Ein Euro pro Frage „Ist es möglich, das Bild käuflich zu erwerben?“ hätte mich zu einer wohlhabenden Frau gemacht. Es kam oft zu tiefgreifenden Gesprächen oder Erzählungen über die Verbindung zu einem Werk, mit dem man ein ganzes Jahr seines Lebens verbrachte: vier Jahreszeiten, Geburtstage, Weihnachten und etliche kontrollierte und unkontrollierte Gemütszustände. 

Und eines Tages dachte ich im Stillen, wie interessant es sein könnte, diesen Verleihprozess am eigenen Leibe auszuprobieren und zu dokumentieren. Vielleicht auch Gleichgesinnte zu finden, die diese Beiträge kommentieren, damit wir uns nicht so alleine fühlen, bei diesem Moment, wenn das Bild unsere vier Wände wieder verlässt…